L’Ile sur Doubs – Kanalradwege – Pagny
Heute morgen sorgt nicht nur unser Holzkocher beim Kaffeekochen für Qualm auf dem Campingplatz, kurz danach bereiten sich die Mitglieder der Lanzfreunde Odenwald auf die Abfahrt vor.
Das Vorglühen des Zylinderkopfes per Heizbrenner geht noch relativ harmlos vor sich, das Anwerfen des Lanz- und Ursustraktors von Hand ist jedenfalls ein Schauspiel für sich.
Die Dieselwolke aus dem Auspuff, die jeder einzelnen Zündung folgt hat es schon in sich und wir finden hinterher den einen oder anderen Dieselrußkrümel auf unserer Zelthülle.
Weniger spektakulär ist eine Stunde später das Anrollen unseres Gespanns, zum Glück schaffen wir den Absprung heute etwas früher am Vormittag: Der Wetterbericht verspricht uns heute wieder über 30° im Schatten.
Der EV6 folgt in diesem Abschnitt abwechselnd dem Fluss Doubs und dem Canal Lateral du Doubs in weiten Schleifen.
Teilweise fahren wir auf der Nordseite (=Sonnenseite) des Flusses / Kanals, andere Strecken führen auf der angenehm schattigen Südseite.
Das sind die wirklich schönen Teile der heutigen Etappe, endlich kann man auch mal wieder ohne Sonnenbrille fahren.
Zum gleichen Zeitpunkt auf einem Ast einer der hohen Eichen verabschiedet sich Bruno Düsenflieger von seinen Enkeln (er hat sich nicht explizit vorgestellt, wir geben ihm einfach mal diesen Namen), seines Zeichens fliegende Ameise, zieht die Fliegerbrille auf und startet in seinen letzten Flug. Im Sturzflug donnert er auf uns ahnungslose Reiseradler zu, nimmt Udo Hintensitzer ins Visier und knallt mir mit Höchstgeschwindigkeit direkt ins linke Auge. Sonnenbrille im Schatten wäre doch gut gewesen.
Mannmannmann, tut das Ding weh! Ich kann zwar die Hälfte von Bruno Düsenflieger per Reflex-Augenwischen aus meinem Auge reiben, der Rest bleibt aber erst mal drin und brennt so höllisch, dass wir eine knappe Stunde Pause machen müssen und fast einen Liter unseres kostbaren Trinkwassers für das Ausspülen des Auges verbrauchen.
Dummes Ding, Bruno, hättest auch einfach auf unseren Scheinwerfer donnern können.
Um das Auge auf den weiteren Kilometern etwas zu schonen klebt Krankenschwester Tina Vornesitzer mir eine Augenkompresse auf das lädierte Auge und wir fahren mit etwas reduzierter Geschwindigkeit weiter.
Zum Glück guckt Tina mit und passt auf, ich wäre über den Ast am Rand der asphaltierten Strecke fast drübergefahren… Tina kreischt ein bisschen und wir halten kurz nach dem Ast an, der sich inzwischen als ganz schön große Natter -vermutlich eine große Ringelnatter- entpuppt hat.
Dummerweise sind wir halt wieder zu tüddelig, das Tier zu fotografieren bevor sie sich ins hohe Gras verkrümelt… ähhh verschlängelt.
Am Nachmittag führt uns der Radweg entlang dem hier schon recht breiten Doubs auf Besancon mit Blick auf die Zitadelle auf dem Berg zu. Der Doubs macht hier eine große Schleife durch Besancon, die Kanalbauer haben sich eine Abkürzung dazu einfallen lassen: Der Kanal hat einen Tunnel mitten unter der Stadt hindurch bekommen und als Radfahrer kann man wahlweise durch die Stadt radeln oder durch den etwa 500m langen Tunnel abkürzen. Wir wollen gerne noch ein Stückchen vorwärtskommen und nehmen deshalb die kürzere Variante durch den Tunnel. Es fühlt sich schon seltsam an, zu wissen dass die riesige Zitadelle während dieser Durchfahrt über unseren Köpfen steht.
Ein gutes Stück nach Besancon folgt dann bei Thoraise eine weitere Kanalabkürzung per Tunnel. Inklusive tollem Blick durch den Tunnel auf die andere Bergseite und die Schleusen auf der anderen Seite. Nur der Radweg hat in diesen Tunnel nicht mit reingepasst, wir müssen unser Lastenrad über den kurzen aber steilen Berg radeln.
Nicht mehr weit bis zu unserem Etappenziel heute:
Unsere Datenbank kennt einen Campingplatz in Osselle, die Karte zeigt dort ein Freibad direkt angeschlossen. Hochwillkommen bei der heutigen Hitze. Als wir dort ankommen entpuppt sich die Sache dann aber als privates Freibad am See mit angeschlossener Campingwiese.
Soweit gut, aber die Betreiberin erzählt uns am Eingang von „… douches froides …“ – es gibt nur KALTE DUSCHEN.
Es ist jetzt schon abend, vermutlich müssen wir da jetzt einfach durch. Der Platz ist auch wirklich richtig schön, der See lädt zum Baden ein und wir haben von unserem Zeltplatz einen schönen Blick über den See.
Man kümmert sich auch liebevoll um uns (die fast einzigen Camper an diesem Tag) und zeigt uns den Platz mit der schönsten Aussicht und nahe zu den Steckdosen.
Eine Französin, die in ihrer aktiven Arbeitszeit als Redakteurin gearbeitet hat fragt uns noch lange über unsere Reise aus und lobt den See und das Seewasser in den höchsten, frischen Tönen -verglichen zum „toten“ Wasser der Loire. Wir bleiben gerne einen extra Ruhetag auf diesem Platz, auch wenn die Duschen extrem erfrischend sind, baden ausgiebig und gönnen uns Abendessen mit Rotwein in der Freibadgaststätte.
Das frische Wasser im See und den Vergleich mit der Loire müssen wir wenige Tage später etwas relativieren: Die Loire sehen wir später mit tollem klarem Wasser mit vielen riesigen Fischen, deren Wasser kann so tot nicht sein. Dafür haben sich alle Vorder- und Hintensitzer dieses Blogs Zerkarienpusteln im See geholt… die sich noch ein paar Tage juckend in Erinnerung halten werden.
Beim Abendessen im Freibadrestaurant treffen wir auf Franzi und Josh, die gerade ihre Bachelorarbeit in Politik- und Islamwissenschaften bzw. in Politik und Pädagogik abgeliefert haben.
Daraus entwickelt sich eine sehr spannende Unterhaltung über Berufswünsche, soziales Engagement und über den Umgang mit Populismus. War sehr schön, mit euch zu reden, wir wünschen euch einen guten Berufsanfang wenn ihr wieder zurück seid!
Am Tag nach unserem Ruhetag in Osselle kommt schon recht früh Leben auf das Freibadgelände. Schwimmer mit Neoprenanzügen kommen zum trainieren, viele Sportler mit Rennrad und Sporttaschen laufen ein und fangen an, das Freibadgelände für ihren lokalen Triathlonwettbewerb vorzubereiten.
Einen Moment denken wir drüber nach, wie so ein Triathlon mit Pino auf der Radstrecke wohl aussehen würde, entscheiden uns aber dann doch, weiterzufahren.
Nach Osselle geht es wieder weitestgehend am Rhein-Rhone-Kanal entlang. Diese Strecken rollen immer sehr gut, da der Radweg immer das ebene Niveau des Kanals hält und nur alle paar Kilometer einen Höhensprung einer Schleuse aufweist… um danach wieder für Kilometer eben zu bleiben. Highlight des Morgens ist eine Ringelnatter, die quer über den Kanal schwimmt. Dummerweise WIEDER zu schnell für uns.
Versprochen: Wir liefern noch ein Schlangenfoto!
Auf diesem Kanal ist jetzt, Anfang September nicht sehr viel Verkehr. Pro Tag sind es fünf bis zehn Miethausboote, die mehr oder weniger Probleme beim Rangieren in den Schleusen haben.
Dazu kommen ein paar frühere Frachter, die liebevoll zu langen Hausbooten umgebaut worden sind und häufig ganz liebevoll mit Blumenkästen geschmückt sind.
Die liegen dann meist an Anlegestellen mit hübschen Restaurants und die Besitzer üben sich im französischen Savoir-Vivre. Wäre für einen Sommer bestimmt mal schön um die Beine richtig baumeln zu lassen, auf mehrere Jahre verteilt aber vielleicht doch langweilig, oder?
Auf so einen Wohnfrachter würde unser Pino eigentlich ganz gut passen und wir überlegen ernsthaft wie es wäre, uns bei so einem kanalfahrenden Pensionärspaar auf eine Tagesetappe einladen zu lassen. Würde eigentlich ganz gut zu 2RadReise passen.
Leider finden wir über die ganzen Tage kein einziges fahrendes Hausboot, das in unsere Richtung fährt und genügend Platz für ein Pino auf Deck gehabt hätte. Schade.
Das einzige Schiff, das infrage käme ist ein Holzfrachter, dessen Kapitän wir auch prompt ansprechen. Allerdings sehen wir den an einer Stelle, an der ein Aufladen des Pino wirklich nicht möglich ist. Wird leider nichts mit Schifffahrt.
Die Etappe endet an diesem Abend dann auf einem winzigen 0-Sterne-Campingplatz an der Saone bei Pagny. Die Betreiberin nimmt uns extrem freundlich in Empfang, bietet uns gleich eine kalte Flasche Wasser aus dem Kühlschrank plus zwei kalte Bier an und empfiehlt uns den Sonnenuntergang am Saone-Ufer.
Die zwei Flaschen Bier trinken wir dann auch dort am Ufer bevor wir müde ins Zelt kriechen. War ein langer, heißer Reisetag.
Weiter mit „Pagny – Chagny – Digoin – Nevers“
Die Fotogalerie dieser Reisetage: