Ein Lebenstraum von Nord nach Süd

Einträge mit dem Schlagwort Zelt

Trondheim (Øysand) – Melhus – Gaula-Tal

Trondheim (Øysand) – Melhus – Gaula-Tal

Es ist Samstag morgen auf dem teuren Lachsfischer-Campingplatz mit den übersichtlichen Sanitär-/Küchenanlagen. Unser Zeltproblemchen werden wir erst am Montag bei Helsport vorstellen können, so bleibt ein ganzes Wochenende für etwa 50 Kilometer Fahrt. Die Entscheidung fällt 2:0 Stimmen (bei einer Enthaltung von Lasse Isbjørn) für den Øysand-Campingplatz am Trondheimfjord, da wir am Montagmorgen von dort aus nur 8 Kilometer zum Zelthersteller Helsport fahren müssen, was recht gut zu unseren Aufsteh- und Packzeiten passt.

Unsere erste echte Panne nach 2770 Kilometern: Eine Glasscherbe im hinteren Reifen.

Der Platz in Øysand liegt direkt am Trondheimfjord auf sandigen Wiesen und beherbergt außerdem eine Kayakschule. Dort verbringen wir einen wirklich entspannten Samstagnachmittag und Sonntag, beobachten Austernfischer am Ufer (diese Vögel mit ihrem lustig watschelnden Gang werden wir ab jetzt vermutlich nicht mehr sehen und werden sie bestimmt vermissen) und schauen den Kayakschülern bei den Eskimorollen-Versuchen zu.

Interessant: Solche Fjordkayaks kann man nach einem Ausstieg beim Kentern offensichtlich schwimmenderweise leeren und auch vom Wasser aus wieder einsteigen. Coole Technik, kenne ich aus meiner (kurzen) Wildwasserkarriere so nicht.

 

Samstag abend zeigt sich dann noch ein echter Gewittersturm zuerst über dem Fjord, dann über unserem Zelt. Das Zelt ist gut abgespannt, da es aber genau quer zum Wind steht biegen sich die Stangen schon bedenklich im Sturm und Platzregen.

Vermutlich fühlt sich das von innen aber viel dramatischer an, als es wirklich ist: Neben uns standen vor dem Sturm zwei nicht-abgespannte, lasch aufgebaute Zelt… und die standen nach dem Sturm immer noch als wäre nichts gewesen. Vermutlich kann unser Zelt doch viel mehr ab als wir denken.

Kundenservice bei Helsport

Montag früh klingelt unser Wecker schon um sieben Uhr. Wir wollen möglichst früh bei Helsport aufschlagen damit wir -auch wenn wir mehrere Stunden für eine Imprägnierung warten müssten- noch eine sinnvolle Etappe radeln können. Zum Glück hat es den Morgen über noch nicht geregnet, mit etwas Glück bekommen wir das Zelt einigermaßen getrocknet in den Packsack.
Also: Kaffee kochen, Zähne putzen, Schlafsäcke/Luftmatrazen einpacken, Innenzelt aushängen… und es beginnt so exakt rechtzeitig zu regnen dass wir doch wieder einen nassen Lumpen Zelt eintüten müssen. Wirklich blöde, so bei Helsport anzukommen.

8 Kilometer und drei PANT!-Stopps später finden wir die Firma Helsport, erzählen von unserem kleinen Problem und entschuldigen uns, dass wir so ein nasses Stück Zelt dabei haben.
Frau Bente Lund von Helsport hört uns freundlich zu, schaut sich das nasse Zelt und die betreffenden Nahtstellen ganz kurz an und sagt, sie kenne das Problem dass Nähte in seltenen Fällen undicht werden können. Dass es Helsport sehr wichtig ist, dass ihre Kunden mit den Helsport Artikeln zufrieden sind (was wir mit unserem Zelt ja ohnehin sind) und sie verschwindet nach hinten… um kurz später mit einem nagelneuen 2016er Zelt zurückzukommen!!! Eigentlich hatten wir mit einer Neuimprägnierung unseres Zelts gerechnet, eine neue Aussenhülle für das Zelt wäre schon ein ganz tolles Ding gewesen.

Aber, um sicher zu gehen dass wir keine Passprobleme mit Innenzelt/Stangen unseres 2012er Zeltes zum aktuellen Zelt haben, bekommen wir von Helsport sogar ein komplett neues Zelt für unseren weiteren Trip nach Gibraltar. Unglaublicher Service, wir sind uns nicht sicher ob es viele Firmen gibt, die so reagiert hätten. VIELEN DANK, HELSPORT!

Wir tauschen dann noch Visitenkarten aus, erzählen von unserem Weg seit dem Nordkap, von der weiteren Reiseplanung in Richtung Süden und fahren überglücklich mit nagelneuem, eingepacktem (trockenen 🙂  ) Zelt ab.

Die weitere Etappe wird jetzt hart: Am liebsten würden wir das neue 2016er Fjellheimen Camp 3 so bald wie möglich aufbauen und sehen, was sich seit unserer Generation geändert hat. Allerdings hinken wir hinter unserem Zeitplan schon ein ganzes Stück hinterher und sollten halt doch noch eine nennenswerte Etappe hinter uns bringen.

Die Route von Melhus nach Røros -unserem nächsten größeren Ziel- führt zuerst an der norwegischen Hauptverkehrsader E6 entlang nach Süden und folgt damit dem Gaulatal. Der zugehörige Radweg ist aber gut ausgebaut, so dass man zu keinem Zeitpunkt auf der vielbefahrenen Straße fahren muss. Auf weiten Strecken führt er dann sogar auf kleinen, zum Teil planierten Kies-Sträßchen abseits der E6 und ist -Novum auf unserer Radtour in Norwegen- auch richtig gut beschildert. Diese Strecken sind richtig beschaulich und weit vom hektischen Verkehr der E6 entfernt.

In Støren biegen wir auf die RV30 in Richtung Osten ab und folgen damit dem Gaula-Tal weiter nach oben. Die Gaula ist ein wichtiger Lachsfluss in Norwegen und praktisch jede zugängliche Stelle des Flusses ist mit mindestens einem parkenden Auto besetzt. Obwohl die Landschaft wirklich schön ist, machen wir leider nur sehr wenige Fotos: Liegt mal wieder am Wetter, das uns mit einem zweistündigen Regen nicht zum fotografieren einlädt.

Eine Pause legen wir trotzdem ein: Lasse möchte sich den Lachsfluss aus der Nähe ansehen und wir wollen gerne noch eine Vesperpause einlegen. Leider steht hier ein „Camping verboten“-Schild, sonst wäre das vielleicht sogar unser Platz für die Nacht geworden.

Den finden wir dann etwas später, wo ein Kiesweg direkt bei einem Bergbach von der RV30 abzweigt. Kaum 100 Meter von der Straße weg ist ein großer Kiesparkplatz mit Zugang zum Bach. Sicherheitshalber kochen wir zuerst noch unser Süppchen hier um zu sehen wie hoch der Durchgangsverkehr am Kiesweg ist. Ein Auto, ein Spaziergänger mit Hund innerhalb einer Stunde lässt uns auf eine ruhige Nacht hochrechnen. Vielleicht gibt es ja abends noch ein Highlight: Im umliegenden Wald haben wir beim Holzsammeln zwei Stellen mit Elchkot gefunden.

Also bauen wir unser nagelneues Helsport Fjellheimen Camp 3 Zelt an der ebensten Stelle des Kiesplatzes auf, flüchten kurz nach Sonnenuntergang vor den Schnaken in unser Refugium und verbringen eine herrlich ruhige Nacht.

Weiter mit „Røros und Femundsee“

Die Bildergallerie des Tages:

Kirche Melhus

Sjøbakken nach Sandnessjøen und Kaffeepausen

Sjøbakken nach Sandnessjøen und Kaffeepausen

Die Nacht war dort sehr ruhig gewesen, es hatte kaum Wind. Trotzdem haben wir morgens wieder so einen verdächtigen Knick im Zelt, wo die Stangen sonst eine hübsche Rundung abgeben. Sch…, die nächste Zeltstange ist an einer Verbindungsstelle gebrochen. Wir haben ein Fjellheimen Camp 3 von Helsport und sind eigentlich sehr glücklich mit diesem 3-Mann Zelt.
Es hat bietet uns prima Platz für zwei Luftmatratzen und gibt uns dazu jede Menge Platz um die trockenen -oder zumindest trocken gewünschten- Sachen im Innenzelt aufzubewahren plus eine Apsis, in die alles andere, inklusive Gitarre passt.
Eine schwache Stelle scheint aber doch irgendwie die Stärke der Stangen zu sein, da die zweite jetzt gebrochen ist. Bei der genauen Inspektion mit Seniorenlesebrille sehen wir, dass einige weitere Stangenelemente an derselben Stelle schon Haarrisse zeigen. Ärgerlich: Bis Gibraltar werden wir so nicht kommen, zudem werden die ersten kräftigeren Fjordwinde unser Zelt lässig zerlegen. Und dann sitzen wir in unserem nassen Lappen, idealerweise in strömendem Regen und mitten in der Nacht.
Nö, das passt nicht zu unseren Vorstellungen von Nachtruhe und wir suchen auf der Helsportseite -norwegischer Hersteller- nach Sportgeschäften, die uns vielleicht weiterhelfen können. Brønnøysund liegt auf der Strecke und hat einen freundlichen Sporthändler, der für uns bei Helsport ein neues Gestänge bis Anfang nächster Woche beschafft. Also: Ich säge unter Protesten der Küchenleitung mit dem Küchenmesser das gebrochene Stück der Stange ab um die Zeltstange -etwas verkürzt- wieder verwenden zu können. Zwischenstand Hausmeisterabteilung gegen Küche: 1:0.

Brigitte und Jörg... danke für den Fisch :)

Brigitte und Jörg… danke für den Fisch 🙂

Mit der Reparatur und einem gemütlichen Frühstück zieht sich das Packen wieder ziemlich lange, bis wir den Seelachs von Brigitte und Jörg in unser Gepäck einpacken und den hügeligen Kiesweg zurück zur FV17 radeln… nö, zumindest teilweise schieben weil unsere Beine sich wegen den Höhenmetern am Vortag an den 8%-tern noch heftig beschweren. Der Campingplatzbetreiber kennt diese Straße nach Brønnøysund gut und hat uns eine zumindest etwas weniger hügelige Strecke verprochen: wenn wir die ersten 10 Kilometer geschafft haben.

An dieser Steigung halten wir uns eine Stunde lang schwitzend auf 🙂 und es fühlt sich wärmer an als der Wetterbericht vorhergesagt hatte. Der hatte uns nämlich nur 9°C, bewölkt und vereinzelt Regen versprochen. Tina Hintensitzer schimpft ein bisschen über die Steigung und die schweren Beine, aber dagegen hat Udo Hintensitzer einen Trumpf im Ärmel: In Sandnessjøen gibt es laut unserer Statoil-POI-Datei eine Statoil-Tankstelle. Kaffee/Schoki bis zum Abwinken und wenn man will auch noch ein leckeres süßes Stückchen oder einen deftigen Hotdog.

Nach der ersten Steigung bleibt die Straße bis Sandnessjøen wirklich gemäßigt wellig, der Wind weht von hinten und wir kommen in eine grüne Landschaft, die wir glatt mit dem Allgäu und dem Voralpenland verwechseln könnten.

Am Straßenrand gehören Löwenzahn und viele wilde Blumen zum Bild, im Hintergrund sind die Gipfel noch weiß vom Schnee, die Landwirtschaft ist im ersten Mähzyklus und hier haben die Kühe die Glocken um… statt der Schafe wie wir es jetzt von den Lofoten und Vesteralen gewöhnt sind. Einzig die Hügel sind hier felsig und zeigen fast alle das charakteristische Bild von tausende Jahre langer Gletscherbehandlung: Die sind meist ganz rund und wellig geschliffen und zeigen die einstige Fließrichtung der Gletscher ins Meer.

Kurz vor Sandnessjøen kommt die Helgelandbrücke eindrucksvoll ins Bild, wir setzen uns vor der Überfahrt auf einen Felsen, genießen den schönen Ausblick und vespern gemütlich.

Nach dieser Brücke sind es nur noch knappe 10 Kilometer bis zur Statoil-Tankstelle, für die wir die FV17 ein Stück weit in den Ort hinein verlassen müssen. Ok: verlassen müssen klingt zugegebenermaßen zu einfach. Wir müssen über einen Hügelrücken radeln, dreimal auf der Karte nachschauen bevor wir die Tankstelle erreichen.

Supertoll, Udo Hintensitzers Trumpf erweist sich jetzt als Karo Lusche. Die Statoil-Tankstelle, die uns den Kaffee spendieren sollte ist eine Automatentankstelle ohne Verkaufsraum, ohne Schoki, ohne süßes Stückchen. Und ohne Hotdog. Schwierig, Tina Vornesitzer -nö, eher uns beide- wieder zu motivieren.  Unser Frischwasser ist leer, die Tanke hat nicht mal einen Wasserhahn und so fehlt uns eine wichtige Kleinigkeit um wenigstens selbst Kaffee kochen zu können. Außerdem müssen wir über den Hügelrücken zurück radeln, was uns eine knüppelharte 12%-Steigung und damit die nächste Radschiebe-Etappe beschert. Klingt das jetzt nörgelig? Ist es.

Den Wasserengpass können wir 10 Kilometer später an einer schönen Kirche mit Friedhof und öffentlicher Toilette lösen (wo wir uns fast verschämt in die Toilette schleichen um unseren Ortlieb Wasserbeutel zu füllen), zum Weiterradeln haben wir trotzdem nicht mehr viel Lust und wir fangen an, einen Übernachtungsplatz zu suchen. Im Allgäu gibt es überwiegend Kuh- und Mähwiesen und hier ist es ganz ähnlich. Kaum Stellen, an denen man ein Zelt hinstellen möchte ohne das Gefühl zu haben, man steht in Sichtweise des Bauern oder man könnte sich Ärger einhandeln weil man eine Mähwiese mit dem Zelt plättet.
So machen wir noch ein bisschen Berg- und Talfahrt bis zu einem kleinen Rastplatz an der Straße. Wir treffen hier John und Joe aus Schottland wieder, sie übernachten an diesem Rastplatz. Das gibt uns den Mut, zum ersten Mal das Pino an einem Parkplatz abzuschließen und unsere Siebensachen 200 Meter weit ans Meer zu schleppen wo wir unser Zelt an einer Grillstelle aufbauen und unser Mitbringsel -Seelachs von Jörg- braten.

Weiter mit „Sprint zur Fähre und Berg mit Loch“

Die Diashow zum Reisetag:

Nordkapp – Olderfjord… und Zwangspausen

Nordkapp – Olderfjord… und Zwangspausen

Seit unserer Zeltübernachtung am Nordkapp sind inzwischen ein paar Tage vergangen. Zeit, das zusammenzufassen und ein paar neue Fotos zu posten. Aber von Anfang an:

Zelt am Nordkapp

Der Morgen am Nordkapp beginnt, wie der Abend aufgehört hat…. genaugenommen war es dazwischen ja auch gar nicht dunkel. Es ist strahlendes Wetter, wir haben kaum Wind und kochen unseren Frühstückskaffee vor dem Zelt. Dank Webcam am Nordkapp können uns unsere Familien mit einem 15-minütig aktualisierten Standbild beim Frühstücken zuschauen. Später tauschen wir noch Videoszenen von zu Hause und vom Nordkapp per Skype aus. Tolle Technik, und gibt uns beiden das gute Gefühl, dass daheim alles ok ist und wir dort nicht gebraucht werden.

Toll an diesem Trip ist, dass wir Zeit haben, und so genießen wir den Kaffee in aller Ruhe, bauen das Zelt ganz gemütlich ab und schreiben noch unsere Postkarten im Nordkapp-Besucherzentrum bevor wir kurz vor 12:00 endlich wieder auf dem Weg sind. Die Höhenmeter nach Honningsvag kennen wir ja inzwischen und wir bemühen uns, unsere Kräfte für die Schiebeetappen einzuteilen.

DSCN4750_n

Die Nacht verbringen wir dann in der Jugendherberge Honningsvag und genießen…. die warme Dusche und das saubere Bett.

Per Hurtigruten geht es eine Etappe zurück nach Havoysund, es ist wieder die Kong Harald, die uns im Morgennebel um 6:15 abholt und uns zwei Stunden später wiederum im Morgennebel in Havoysund ausspuckt.

Kong Harald im Nebel

Im Nebel wirkt Havoysund heute wie ein verschlafenes Fischerdörfchen an einem kleinen Fjord. Vermutlich wacht es an Wintertagen zwei bis drei Mal täglich auf, wenn sich ein Hurtigrutenschiff per Signalhorn anmeldet. Im Sommer dürften sich allerdings sehr viel mehr Touristen einfinden, denn Hayoysund liegt am Ende einer ausgezeichneten Landschaftsroute und beherbert auf dem nördlichsten Teil der Landzunge das Arctic View Cafe, das einen phantastischen Blick auf das Nordmeer bieten soll. Eigentlich hatten wir uns die 5 Kilometer zu diesem Cafe fest vorgenommen, aber nachdem wir auf der Nordkappinsel gesehen haben, wie matschig frisch freigetaute Feldwege aussehen und das Cafe ohnehin noch im Winterschlaf ist, ändern wir unseren Plan und fahren direkt in Richtung Süden los.

Nur 5 Kilometer nach Havoysund verlässt uns der Nebel und zeigt uns, warum diese Straße eine der schönsten in Nordnorwegen, gerade auch in dieser Jahreszeit, sein muss: Die Landschaft gibt hier von Schneefeldern, gerade freitauenden Seen, Bergbächen, Wiesen bis hin zu schroffen Felsen wirklich alles her. Ziemlich regelmäßig müssen wir anhalten um zu schauen, Fotos zu machen… und das Wasser direkt aus den Schmelzwasserbächen zu trinken. Es ist bestimmt eine Einbildung, dass dieses Wasser wirklich genial frisch schmeckt. Vielleicht ist es aber einfach die beeindruckende Umgebung, die den Geschmack mit steuert.

Der Rastplatz Selvika an der Havoysund Landschaftsroute

Unser Rastplatz für die Mittagspause ist Selvika, wo sich der norwegische Sinn für Architektur zeigt. Es gibt in Norwegen einige schöne Bauten an Rastplätzen, die sich besonders in die Landschaft einfügen sollen. Hier in Selvika ist das auf jeden Fall gelungen. Eine kleine Rentierherde leistet uns beim Mittagessen in wenigen Metern Entfernung Gesellschaft. Am liebsten würden wir hier übernachten, aber dafür ist es nach grade mal 20 Kilometern doch noch zu früh. Also rollen wir weiter und suchen uns erst gegen Abend einen Platz für unser Zelt abseits der Straße.

Auch weil es windig wird, verbringen wir den Abend nach dem Essen im Zelt, packen die Gitarre aus und singen ein bisschen. Gut dass das so weit in der Wildnis war, das erste Mal seit Jahren eine Gitarre auszupacken hätte andere Ohren ziemlich leicht beleidigen können. So haben wir schlimmstenfalls Rentiere und Elche verjagt.

Der nächste Morgen dasselbe Spiel wie immer: wir bummeln ziemlich lange beim Aufstehen und Frühstücken, so dass es gegen 11:00 geht als wir das Pino gepackt haben und zurück zur Straße schieben. Ready to go!

Tina Vornesitzer will vor dem Losfahren noch mit ihren Mitarbeitern telefonieren, die Zeit nutze ich, um die Schaltung des Pino nachzustellen. Zumindest, es zu versuchen. Ich verstelle am Schaltzug der Schaltung, hebe das Hinterrad des vollbepackten Pino mit der rechten Hand an um -gebückt- mit der linken Hand gleichzeitig das Pedal eine Umdrehung zu drehen. Ziemlich kurzsichtige Aktion, findet mein Rücken: Ich bekomme das Pedal zwar gedreht, allerdings klemme ich mir zeitgleich einen Nerv in Wirbelnähe ein. Von außen betrachtet vielleicht lustig, wie ich in den nächsten Sekunden versuche, wieder aufrecht zu stehen… beim Gedanken, dass wir 150 Kilometer vom nächsten Krankenhaus weg sind und dass mein Rücken so wohl weder Zelt aufbauen noch darin schlafen möchte hält unsere Freude trotzdem in Grenzen.

Was bleibt uns übrig? Zum Glück ist der Straßenabschnitt abschüssig, so dass wir es schaffen, vorsichtig loszurollen. Trotzdem bereiten wir uns schonmal drauf vor: Wenn wir so anhalten müssen haben wir gute Chancen umzufallen wie ein Sack Reis, wenn ein Berg zu steil zum Hochradeln wird haben wir keine Chance, das Pino hochzuschieben. Mit viel Glück kann ich so vielleicht eine Straße hochgehen, schieben müsste Tina Hintensitzer aber ganz alleine. So radeln wir für die nächsten 20km mit halber Kraft weiter bevor wir -an einem abschüssigen Stück- das erste Mal vorsichtig anhalten. So lange ich sanft trete und die Rückenneigung nicht verändere geht’s eigentlich ganz ok. Leider können wir auf der nach wie vor schönen Strecke jetzt keine Fotostopps mehr einlegen und radeln durch bis Olderfjord, wo wir auf dem Campingplatz eine Hütte für die nächsten drei Übernachtungen buchen um dem Rücken Zeit zur Regeneration zu geben. Aber immerhin haben wir hier gutes WLAN und können die zweitägige Zwangspause nutzen um emails, facebook und diesen Blog auf aktuellen Stand zu bringen.

Weiter zu Nach Rücken kommt Hals, dann Nase

Die Bilder aus diesen Tagen (anklicken für Diashow):

Auf zum Nordkapp

Auf zum Nordkapp

Mageroya - Nordkappinsel

Der Hype um das Nordkapp als nördlichster Punkt Europas ist eigentlich ein künstlicher. Weder ist das Nordkapp der nördlichste Teil Europas (der ist nämlich auf Spitzbergen zu suchen), noch ist das Nordkapp der nördlichste Teil von Festlandeuropa. Der liegt wiederum einige Kilometer östlich auf der Halbinsel Nordkinn, während das Nordkapp ja auf der Mageroya-Insel liegt. Und nicht mal dort ist das Nordkapp Spitzenreiter, da eine westliche Landzunge der Insel, Knivskjelodden, sich noch ein bisschen weiter nach Norden reckt.

Genug schlecht gemacht. Wenn wir von Nord nach Süd fahren wollen haben wir uns nicht die Nordkinn und Cordoba rausgesucht, sondern Nordkapp-Gibraltar. Sonst hätten wir die Hälfte der 7 Monate vermutlich damit verschwendet, den Reisebekanntschaften von den geographischen Feinheiten oben zu erzählen. Ganz abgesehen davon, dass Nordkapp-Gibraltar besser klingt und man uns andernfalls als Erbsenzähler eher uninteressant finden würde.

Zurück zum Nordkapp. Das Nordkapp ist ein wirklich schöner Aussichtspunkt auf das Nordmeer, liegt auf einem Felsplateau gute 300m über dem Meer und ist schon alleine deshalb ein toller Wegpunkt um eine Reise zu beginnen oder dort enden zu lassen.

Für uns heißt die erste Fahrradetappe Honningsvag zum Nordkapp, wo wir zuerst über sanfte Wellen aus der Stadt nordwärts rollen. Da!!! Im Fjord, kaum 50m vom Ufer weg, schwimmt irgendwas Schwarzes, einen Moment lang halten wir das für Müll oder Treibgut. Bis das Treibgut seine Rückenflosse zeigt und in eleganter Delphinmanier in einem Schwung abtaucht. Wir können es nicht sicher erkennen, sind aber der Meinung, dass die Tiere hier im Fjord zwei kleine Schweinswale sein müssen und schauen ihnen 10 Minuten lang begeistert zu.
Zwei Schweinswale begrüßen uns im Fjord.

Kurz später geht es die ersten 200 Höhenmeter nach oben und wir stellen fest, dass Radtraining im Winter eine gute Investition gewesen wäre. Steigungen bis 5% schaffen wir mit unserem Lastentransport schon, alles was darüber geht lässt uns über kurz oder lang verzweifeln. Und hier sind 7-9% ziemlich oft der Fall, so dass wir an unserer Tandemschiebetechnik feilen: Schon zuhause hatten wir das Seil mit zwei Griffen aus Gartenschlauch genau für diesen Zweck eingeplant und nehmen diese Steigungen jetzt mit Tina als Zugpferd vorneweg und mit mir als Schiebung am Pinolenker. Foto folgt bei Gelegenheit 🙂

Laaaaange Steigung, Mittagspause!

Laaaaange Steigung, Mittagspause!

Da vorne sehen wir das Nordkapp zum ersten Mal.

Da vorne sehen wir das Nordkapp zum ersten Mal.

Jedenfalls sind wir gesegnet platt, als wir nach 35 Kilometern und 850 Höhenmetern das Nordkapp erreichen und zufrieden mit Wetter und Aussicht unser Zelt aufstellen.

Zeltplatz am Nordkapp

Die ersten besonderen Menschen treffen wir gleich hier: Wie gesagt fangen manche Geschichten hier am Nordkapp an, manche hören hier auf. Wir treffen hier Dave Chamberlain, der hier einen mehrjährigen Lauf (65.000km!) um die Welt startet. Von hier nach Göteborg, dann Island, dann Neufundland, USA, Mexiko, Südamerika. Zu Fuß, #hugrun, Instagram @run_our_world. Begleitet wird er die ersten drei Wochen von Morgan Rhys, der uns über unseren Plan Video-interviewt und das auf seine Seite stellen will Instagram @Rhysmorgan_images.

Außerdem noch einen Wanderer aus Australien, der von hier aus auf dem Fernwanderweg E1 nach Sizilien wandern will, www.dotze1adventure.com

So verfliegt die Zeit, bis die Sonne dann wirklich spektakulär untergeht. Der Himmel bekommt ein ganz sanftes Rot mit Lilatönen und auf dem Meer -300m unterhalb von uns- kriechen helle Nebelschwaden von Norden auf uns zu.

Sonnenuntergang am Nordkapp

Ziemlich müde und zufrieden entern wir gegen 23:00 das Zelt, obwohl es immer noch hell ist und schlafen auch recht bald tief ein.

Weiter zu Nordkapp – Olderfjord… und Zwangspausen

Die Diashow des Reisetages (klick zum Starten):

Dave startet hier seinen 65.000km Lauf um die Welt! #hugrun

Dave startet hier seinen 65.000km Lauf um die Welt! #hugrun

Pino am KappNordkappSonnenuntergang NordkappStartfoto

Fjordblick auf Mageroya

Fjordblick auf Mageroya

Nachts im Zelt…

Was nachts im Zelt von Radreisenden passiert…

Normalerweise ein Big Secret. Aber wir erzählen’s euch einfach trotzdem mal.  Am Beispiel unserer Übernachtung in Pinell de Braie.

Wir, seit ‚zig Jahren zum allerersten Mal wieder mit Zelt unterwegs, machen großspurig gleich das volle Programm: Übernachten bei einem zerfallenden Bahnhof, keine Menschenseele in der näheren Umgebung. Der nächste Bauernhof dürfte ein/zwei Kilometer weg sein, zu sehen ist er jedenfalls nicht. Ok, man hört ab und zu, wenn der Wind richtig steht einen Hund bellen. Oder Wolf heulen? Die nächste Ortschaft sei 6 Kilometer weg (Pinell de Braie), sagt das Entfernungsschild am Bahnhof. Und irgendwie fühlt sich das jetzt plötzlich ziemlich alleine an.

Aber wir sind immer noch vollkommen überzeugt. Angst? Fehlanzeige. Ganz allmählich wird es dunkel. Die Nacht wird zwar Vollmond haben… aber solange der nicht aufgegangen ist, aber die Sonne unter, ist halt irgendwann mal NIX mehr zu sehen. Immerhin steht das Zelt schon.

Zum Glück haben wir auch eine Flasche Wein für die erste Nacht mitgenommen. Die öffnen wir im Zelt, trinken uns Mut an und hoffen auf genügend Wirkung, doch bald schlafen zu können. Außerdem haben wir ja einen Hund dabei, Beschützer auf vier Pfoten.

Hoffentlich weiß er das auch. Der Geist im Wein hat uns jetzt schon ein bisschen entspannt, trotzdem können wir eine gute Stunde lang nicht einschlafen. Wir hören ALLES. Rascheln vor dem Zelt, Rascheln hinter dem Zelt, einen Kauz flöten, den Hund heulen. Gibt es eigentlich Bären in den spanischen Natur-Reservaten? Als nächstes raschelt es im Vorzelt, Benni knurrt und versucht durch die geschlossene Zelttür den Eindringlich zu fressen. Klappte nicht.

Alte Pfadfinderlektion: Falls Bären, dann Essbares in den Baum hängen. Also stehe ich nochmal auf, traue mich nach draußen und binde unseren Küchenkoffer und das Hundefutter in den nächsten Baum hoch. Holt es euch doch, wenn ihr könnt !!!

Eine gute Stunde später werden wir schon alleine vom angestrengt nach draußen horchen müde und können trotz Rascheln und Krabbeln ums Zelt einschlafen.

Und dann kommt’s ganz dick: Mitten in der Nacht wachen Tina Vornesitzer und ich gleichzeitig auf weil unser Hund ZITTERND über unsere Schlafsäcke steigt und sich schutzsuchend zwischen uns verstecken will. Ok, klar: Jetzt ist Alarm, Notprogramm. Die erste schnelle Analyse im Aufwachen sagt: Ich höre zwar nichts von draußen, aber wenn sogar unser BESCHÜTZER nicht mehr hilft gibt es nur noch wenige denkbare Gefahren draußen. Eigentlich kommen dann nur noch Bären, Vampire oder schizophrene Massenmörder mit Kettensägen in Betracht.

Wir lauschen nach draußen und hören…. NICHTS. Rascheln ist weg, Kauz scheint auch zu schlafen und der Hund gibt Ruhe. Wir trauen uns minutenlang kaum zu atmen und versuchen da draußen etwas Gefährliches auszumachen. Immer noch nichts. Doch, da! Jetzt wo es richtig still draußen ist können wir plötzlich den Wind sachte in den Bäumen rauschen hören… und erinnern uns daran dass unser Beschützerhund eben doch eher ein ängstliches Kuscheltierchen ist und bei den rauschenden Bäumen vermutlich auch von Vampiren und Kettensägen geträumt hat.

Jedenfalls machen wir nach der Erkenntnis noch einen ganz kurzen Spaziergang im jetzt strahlend hellen Vollmond über den Bahnhof, sehen dass da wirklich nach wie vor NICHTS ist und schlafen den Rest der Nacht richtig gut durch.

Das Zelt für die Radreise

Das Zelt für unsere Radreise ist kein Neukauf, wir verwenden dieses Zelt schon ein paar Jahren.

Unsere Anforderungen an das Zelt waren beim Zeltkauf:

  • großzügige Apsis (Vorzelt) um darin auch kochen zu können wenn es regnet
  • leichte Bauweise, kleines Packmaß
  • auch bei stärkerem Wind noch problemlos aufbaubar, Tunnelzelt
  • großzügig in der Grundfläche. Wir verwenden ein 3-Personenzelt für uns Zwei, weil wir damit keine Probleme mit Gepäck haben und bei Regen noch jede Menge Platz zum Ein/Auspacken haben.
  • großzügige Lüftungsöffnungen um das Trocknen zu beschleunigen

Wir haben uns dann für das Helsport Fjellheimen Camp 3 in Verbindung mit einem Footprint entschieden:

Radwandern in Spanien

Radwandern in Spanien

3-Mann Zelt... oder Mann-Frau-Hund-Zelt

3-Mann Zelt… oder Mann-Frau-Hund-Zelt