Sjøbakken nach Sandnessjøen und Kaffeepausen
Die Nacht war dort sehr ruhig gewesen, es hatte kaum Wind. Trotzdem haben wir morgens wieder so einen verdächtigen Knick im Zelt, wo die Stangen sonst eine hübsche Rundung abgeben. Sch…, die nächste Zeltstange ist an einer Verbindungsstelle gebrochen. Wir haben ein Fjellheimen Camp 3 von Helsport und sind eigentlich sehr glücklich mit diesem 3-Mann Zelt.
Es hat bietet uns prima Platz für zwei Luftmatratzen und gibt uns dazu jede Menge Platz um die trockenen -oder zumindest trocken gewünschten- Sachen im Innenzelt aufzubewahren plus eine Apsis, in die alles andere, inklusive Gitarre passt.
Eine schwache Stelle scheint aber doch irgendwie die Stärke der Stangen zu sein, da die zweite jetzt gebrochen ist. Bei der genauen Inspektion mit Seniorenlesebrille sehen wir, dass einige weitere Stangenelemente an derselben Stelle schon Haarrisse zeigen. Ärgerlich: Bis Gibraltar werden wir so nicht kommen, zudem werden die ersten kräftigeren Fjordwinde unser Zelt lässig zerlegen. Und dann sitzen wir in unserem nassen Lappen, idealerweise in strömendem Regen und mitten in der Nacht.
Nö, das passt nicht zu unseren Vorstellungen von Nachtruhe und wir suchen auf der Helsportseite -norwegischer Hersteller- nach Sportgeschäften, die uns vielleicht weiterhelfen können. Brønnøysund liegt auf der Strecke und hat einen freundlichen Sporthändler, der für uns bei Helsport ein neues Gestänge bis Anfang nächster Woche beschafft. Also: Ich säge unter Protesten der Küchenleitung mit dem Küchenmesser das gebrochene Stück der Stange ab um die Zeltstange -etwas verkürzt- wieder verwenden zu können. Zwischenstand Hausmeisterabteilung gegen Küche: 1:0.
Mit der Reparatur und einem gemütlichen Frühstück zieht sich das Packen wieder ziemlich lange, bis wir den Seelachs von Brigitte und Jörg in unser Gepäck einpacken und den hügeligen Kiesweg zurück zur FV17 radeln… nö, zumindest teilweise schieben weil unsere Beine sich wegen den Höhenmetern am Vortag an den 8%-tern noch heftig beschweren. Der Campingplatzbetreiber kennt diese Straße nach Brønnøysund gut und hat uns eine zumindest etwas weniger hügelige Strecke verprochen: wenn wir die ersten 10 Kilometer geschafft haben.
An dieser Steigung halten wir uns eine Stunde lang schwitzend auf 🙂 und es fühlt sich wärmer an als der Wetterbericht vorhergesagt hatte. Der hatte uns nämlich nur 9°C, bewölkt und vereinzelt Regen versprochen. Tina Hintensitzer schimpft ein bisschen über die Steigung und die schweren Beine, aber dagegen hat Udo Hintensitzer einen Trumpf im Ärmel: In Sandnessjøen gibt es laut unserer Statoil-POI-Datei eine Statoil-Tankstelle. Kaffee/Schoki bis zum Abwinken und wenn man will auch noch ein leckeres süßes Stückchen oder einen deftigen Hotdog.
Nach der ersten Steigung bleibt die Straße bis Sandnessjøen wirklich gemäßigt wellig, der Wind weht von hinten und wir kommen in eine grüne Landschaft, die wir glatt mit dem Allgäu und dem Voralpenland verwechseln könnten.
Am Straßenrand gehören Löwenzahn und viele wilde Blumen zum Bild, im Hintergrund sind die Gipfel noch weiß vom Schnee, die Landwirtschaft ist im ersten Mähzyklus und hier haben die Kühe die Glocken um… statt der Schafe wie wir es jetzt von den Lofoten und Vesteralen gewöhnt sind. Einzig die Hügel sind hier felsig und zeigen fast alle das charakteristische Bild von tausende Jahre langer Gletscherbehandlung: Die sind meist ganz rund und wellig geschliffen und zeigen die einstige Fließrichtung der Gletscher ins Meer.
Kurz vor Sandnessjøen kommt die Helgelandbrücke eindrucksvoll ins Bild, wir setzen uns vor der Überfahrt auf einen Felsen, genießen den schönen Ausblick und vespern gemütlich.
Nach dieser Brücke sind es nur noch knappe 10 Kilometer bis zur Statoil-Tankstelle, für die wir die FV17 ein Stück weit in den Ort hinein verlassen müssen. Ok: verlassen müssen klingt zugegebenermaßen zu einfach. Wir müssen über einen Hügelrücken radeln, dreimal auf der Karte nachschauen bevor wir die Tankstelle erreichen.
Supertoll, Udo Hintensitzers Trumpf erweist sich jetzt als Karo Lusche. Die Statoil-Tankstelle, die uns den Kaffee spendieren sollte ist eine Automatentankstelle ohne Verkaufsraum, ohne Schoki, ohne süßes Stückchen. Und ohne Hotdog. Schwierig, Tina Vornesitzer -nö, eher uns beide- wieder zu motivieren. Unser Frischwasser ist leer, die Tanke hat nicht mal einen Wasserhahn und so fehlt uns eine wichtige Kleinigkeit um wenigstens selbst Kaffee kochen zu können. Außerdem müssen wir über den Hügelrücken zurück radeln, was uns eine knüppelharte 12%-Steigung und damit die nächste Radschiebe-Etappe beschert. Klingt das jetzt nörgelig? Ist es.
Den Wasserengpass können wir 10 Kilometer später an einer schönen Kirche mit Friedhof und öffentlicher Toilette lösen (wo wir uns fast verschämt in die Toilette schleichen um unseren Ortlieb Wasserbeutel zu füllen), zum Weiterradeln haben wir trotzdem nicht mehr viel Lust und wir fangen an, einen Übernachtungsplatz zu suchen. Im Allgäu gibt es überwiegend Kuh- und Mähwiesen und hier ist es ganz ähnlich. Kaum Stellen, an denen man ein Zelt hinstellen möchte ohne das Gefühl zu haben, man steht in Sichtweise des Bauern oder man könnte sich Ärger einhandeln weil man eine Mähwiese mit dem Zelt plättet.
So machen wir noch ein bisschen Berg- und Talfahrt bis zu einem kleinen Rastplatz an der Straße. Wir treffen hier John und Joe aus Schottland wieder, sie übernachten an diesem Rastplatz. Das gibt uns den Mut, zum ersten Mal das Pino an einem Parkplatz abzuschließen und unsere Siebensachen 200 Meter weit ans Meer zu schleppen wo wir unser Zelt an einer Grillstelle aufbauen und unser Mitbringsel -Seelachs von Jörg- braten.
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