Ein Lebenstraum von Nord nach Süd

Einträge mit dem Schlagwort Udo Hintensitzer

Küstenstraße ab Bodø, Svartisengletscher und Elche

Küstenstraße ab Bodø, Svartisengletscher und Elche

Kommt man von den einsamen Lofoteninseln Vaerøy oder Røst nach Bodo erfährt man ein Kontrastprogramm: Man verlässt eine beschauliche Insel mit wenigen Touristen und viel Ruhe und Beschaulichkeit und betritt eine -für norwegische Verhältnisse- Großstadt. Bodø ist offensichtlich für viele Hurtigrutenpassagiere ein Start- oder Endpunkt ihrer Reise, was man unschwer an den vielen Menschen mit Ziehkoffer an der Hand im Hafen erkennen kann.
Hier umrunden wir auch den nördlichsten Bahnhof Norwegens, vermutlich ist Bodø auch deshalb ein beliebter Anschlussknoten zu den Hurtigruten oder zu den Lofoten.
Ab Bodø verläuft die Hauptroute für Radfahrer entlang der Küstenstraße FV17 in Richtung Salstraumen und später Brønnøysund nach Süden.

Abhängig vom Zeitbudget lässt sich diese Route über einzelne Inseln verlängern und die Anzahl der Fährstrecken etwas nach oben oder unten justieren. Da diese FV17 auch die Standardroute für Touristen ist und auch in weiten Strecken als Ausweichstrecke zur Hauptverkehrsader E6 herhält ist es mit der gewohnten Beschaulichkeit der Straßen für uns erstmal vorbei: Im Stadtgebiet von Bodø können wir noch auf Radwegen parallel zur vielbefahrenen Straße fahren, die aber schon wenige Kilometer nach der Ortsgrenze von Bodø enden. Viel Verkehr heißt für uns automatisch weniger Spaß am Radfahren -man ist sich ja nie sicher, wieviel Respekt und „Luft“ zum Leben die Autofahrer einem beim Überholen lassen- und wir haben weniger Blick für Landschaft und… weniger Nerven um für Fotos anzuhalten. Die Korrelation lautet daher leider: Viel Verkehr oder viel Regen -> weniger Blick für Landschaft und weniger Fotos.

Zurück zu unserer Route: Nach Bodø folgen wir der FV17 zuerst an den Salstraumen. Laut Wikipedia ist das der mächtigste Gezeitenstrom der Welt, der durch diesen Engpass unter der FV17-Brücke eine riesige Fjordfläche bei Flut füllt und bei Ebbe leert. Ok, wir wollten es gesehen haben, investieren die Höhenmeter von Brückenniveau hinunter auf Meereshöhe und gönnen uns ein leckeres Vesper.
Zugegeben: Mehr ist an der Stelle für den Salstraumen nach unserem Gefühl nicht nennenswert. Da fließt eine Menge Wasser unter der Brücke durch, hat auch eine echte Fließgeschwindigkeit aber ist das nicht bei jeder Rheinbrücke auch so? Ok, der Salstraumen fließt im 6-Stundentakt mal rechts- und mal linksrum, das macht der Rhein nach unserer Erfahrung wirklich nicht. Aber dafür hätten wir 6 Stunden lang vespern müssen und das war uns doch zu lange. Direkt am Salstraumen gibt es dann noch zwei Campingplätze für die Leute, die rechts- und linksrum sehen wollen, aber wir fahren weiter.
Stattdessen stellen wir unser Zelt 20 Kilometer später an einem Bergsee, dem Valnesvatnet auf. Hier stehen auf dem Waldparkplatz zwar ein paar Autos -vermutlich von Anglern- aber im letzten Winkel des Parkplatzes ist unser Zelt und unser Kocher für das Abendessen kaum zu sehen.
Nebenan rauscht ein mächtiger Wasserfall, der aus diesem Bergsee gespeist wird: Den schauen wir uns morgen mal genauer an.

Die Nacht ist ruhig und entspannt, wie immer brauchen wir für den ausgiebigen Frühstückskaffee ziemlich lange bevor wir das Zelt zusammengepackt bekommen und wieder auf die Straße kommen.

Ein Wanderweg zum Wasserfall ist nicht beschildert und wir laufen zuerst erfolglos kreuz und quer durch den Wald. Ein Bauer an einem einsamen Hof erklärt uns dann den Weg: Zuerst muss man einen guten Kilometer ins Tal weg vom Wasserfall laufen, bevor man den Fluß queren kann und wieder 3 Kilometer gegen den Strom wandern muss.

Wir nehmen viele Fotos mit, der Fluß bietet tolle Motive und der Wasserfall Valnesforsen, mit 60 Metern freier Fallhöhe der höchste im Landkreis Bodø, ist auch wirklich beeindruckend. Als wir alles gesehen haben sind wir natürlich klüger als der Rest und suchen die Abkürzung: Der Weg zurück zum Fahrrad muss doch auch kürzer gehen. Am Ende sind wir jedenfalls gute 3 Kilometer und 100 Höhenmeter extra gelaufen, kommen ein zweites Mal am Wasserfall vorbei… und nehmen doch den Weg, wie wir gekommen waren. Was man nicht im Kopf hat, hat  man… lassen wir das, immerhin haben wir uns nicht auch noch verlaufen.


Erst am späten Nachmittag sind wir wieder auf dem Rad, der Wetterbericht hat wieder mal bewiesen dass angekündigte Sonne in Norwegen sich durchaus auch mal in Kälte und Regen manifestieren kann und wir radeln nur eine kurze 40km-Etappe bis zu einem -naja- einfachen Campingplatz.
Der nächste Tag ist zweigeteilt: Wir packen ein klatschnasses Zelt ein (eklig!!!), radeln in Regenklamotten bei Gegenwind los und haben eine immer noch vielbefahrene FV17 zu radeln. Der zweite Teil des Tages beginnt nach dem zweiten längeren Tunnel, in den wir bei Nieselregen einfahren und auf der anderen Seite von warmen Sonnenstrahlen empfangen werden. Bis Ørnes wird es dann sogar so warm, dass wir uns am Supermarkt ein Eis gönnen.

Kurzer Einschub: Auf dieser Strecke machen wir die Bekanntschaft mit dem anerkannten automobilen Depp Norwegens. Vorweg: Wir haben in Nord-Norwegen hervorragende Erfahrungen mit Auto-, LKW- und Bus-Fahrern gemacht. Der Respekt, der einem als Radfahrer im Allgemeinen entgegengebracht wird ist absolut bemerkenswert und es scheint ganz normal zu sein, dass man hier viel eher auf Radgeschwindigkeit abbremst und mit respektvollen 2 Metern Seitenabstand überholt als knapp an uns vorbeizufahren. Ich würde mir dieses Miteinander in Deutschland auch wünschen 🙂
Dieser Depp Norwegens schafft es, uns aus diesem Traum aufzuwecken und überholt uns mit 20cm Abstand. An einer Stelle, an der wir perfekt rechts fahren, die Straße 7m breit ist und kein Auto weit und breit entgegenkommt. Man sieht sich immer zwei Mal im Leben und der anerkannte Depp Norwegens hält 5 Kilometer später an einem Cafe an, ich stelle ihn in aller Freundlichkeit zur Rede und frage ihn warum er das macht. Er flüchtet in sein Auto und ich frage -jetzt für alle Umstehenden gut hörbar- nochmals, warum er mit seiner Fahrweise bewusst unser Leben aufs Spiel setzt. War ihm wohl ziemlich peinlich…. zumal wir ihn in Ørnes an der Tankstelle nochmals treffen und nochmals freundlich und lautstark frage. Ich hoffe, das ist ihm peinlich genug um künftig MIT Hirn zu fahren.

Svartisen-Gletscher:

In der Serie von Tunnels auf der FV17 -mal mehr, mal weniger gut beleuchtet- ist der 7,6km lange Svartisen-Tunnel einer der wenigen, die für Radfahrer gesperrt sind. Vermutlich, weil er besonders eng und deshalb gefährlich ist, jedenfalls beschert er uns eine zusätzliche Fähre von Ørnes nach Vassdalsvik und -was viel angenehmer ist- eine praktisch autofreie und sehenswerte Straße für die nächsten 30 Kilometer. Der Wetterbericht für morgen ist gigantisch mit 15°C und wolkenfrei und so beschließen wir, auf dem Campingplatz Furøy einen Ruhetag einzulegen und die Gletscherzunge Engabren des Svartisengletschers  (übersetzt „Schwarzeis-Gletscher) zu besuchen. Um diese Gletscherzunge zu besuchen muss man mit dem Passagierboot über den Holandsfjord fahren und von dort aus etwa drei Kilometer einem flachen Kiesweg folgen.

Hier gibt es einen gigantischen Blick über den türkisblauen Gletschersee und über die Gletscherzunge, die jetzt in 2016 etwa 80m über dem Gletschersee endet. Die Felsen, die der Gletscher jetzt wieder freigegeben hat sind von der jahrtausendelangen Bearbeitung durch das Gletschereis komplett glatt- und rundgeschliffen. Wir setzen die Wanderung zum Gletscher fort, gehen weite Teile an Klettersteigen mit Ketten gesichert weiter nach oben und gönnen uns zur Belohnung ein Vesper auf den warmen Felsen, 200 Höhenmeter über dem See. Blick über das blaue Eis des Gletschers, die schwarzen und roten Felsen, über den Gletschersee und den Holandsfjord.
Früher oder später kommt es eh raus: Udo Hintensitzer hat ein kindisches Vergnügen daran, in jeden Bach zu hüpfen, der mindestens einen passenden Gumpen anbietet und frisches, fließendes Wasser verspricht. Kann man nicht verheimlichen und wird auf unserem Radtrip bestimmt noch öfters passieren. Hier ist es der Gletscherbach, der aus vermutlich hunderte Jahre altem Gletschereis gespeist wird und die glattgeschliffenen Felsen als natürliche Rutschbahn nutzt. Es sind keine Touristen mehr um uns und ich genieße das eiskalte sprudelnde Wasser für fünf Minuten. Die Felsen fühlen sich unter den nackten Füßen klasse an, die Wasserbecken des Eiswassers sind tief genug um in der Hocke einzutauchen und die Rinne des Bachs so rutschig, dass ich mich nur einmal wirklich zu rutschen traue. Klasse.

Abends lernen wir auf dem Campingplatz noch einige Wohnmobilfahrer kennen und bekommen von Brigitte und Jörg -NOCHMALS VIELEN DANK- ein Filet vom frisch gefangenen Dorsch. Eingefroren und fertig eingepackt dass es den nächsten Radtag bis zum Abendessen überstehen wird.
Über den nächsten beiden Tage lässt sich leider wieder recht wenig erzählen: Gegenwind, öftere Regenschauer, etwas mehr Verkehr, mehrere Fähren vor Nesna noch einige giftige Höhenmeter bis auf 350müM.
Auf dem Campingplatz Sjøbakken in Levang erwartet uns dann eine tolle Überraschung: Brigitte und Jörg, die uns vor rund 50km überholt haben, sehen uns schon mit dem Fernglas das Tandem von der Fähre schieben. Ausdrückliche Belohnung für die harten Höhenmeter ist feines Gulasch -endlich mal wieder Fleisch- und ein deutsches Bier für jeden!!!! Wir verbringen einen unterhaltsamen Abend und bekommen zum Abschied am nächsten Morgen sogar nochmal ein Filet des Fanges der Nacht: ein Seelachs, komplett ausgenommen und entgrätet.

Brigitte, Jörg, DAS WAR KLASSE!

Zweiter Einschub: Elche, naturwissenschaftliche Studie und eine Einschätzung der Realsituation:

Wir haben jetzt doch schon gute 1500 Kilometer und über 100 Stunden radfahrend in Norwegens Landschaft hinter uns und können damit statistisch stichhaltig belegen, dass dort exakt Null Elche pro 100 Straßenkilometern zu sehen sind.
Wenn man diese Quote mit den hunderttausenden Straßenkilometern in Norwegen multipliziert kommt man zum stolzen Ergebnis von 0 Elchen in Norwegen und wir sind -gelinde gesagt- etwas enttäuscht von dieser Tatsache. Wir sind jetzt der festen Überzeugung, dass freilebende Elche sogar eine Erfindung der norwegischen Tourismusindustrie sind, die Anzahl von Elch-Aufklebern auf Wohnmobilen scheint auch auf einen wohlflorierenden Markt hinzudeuten.
Zusätzlich wird das Ganze angekurbelt von den Elch-Straßenwarnschildern, die uns regelmäßig vor Elch-Wildwechseln warnen… wohlgemerkt ohne irgendeine Elchsichtung auf diesen Streckenteilen. Nach unserer Studie ist die Schneehasendichte auf Strecken mit angekündigten Elch-Wildwechseln sogar nachgewiesenermaßen höher als die Elchdichte. Jedenfalls haben wir auf nach gut 5 Wochen konzentriertem Blick ins Unterholz rechts und links der Straße, nach vielen riskanten Fahrsituationen nahe der rechten Böschung genug davon und wir rechnen ab jetzt nicht mehr mit Elchen. Punkt!

Auch kein Elch: Pferde in Norwegen.

Auch kein Elch: Pferde in Norwegen.

Sollen uns doch gestohlen bleiben! Heute haben wir eine Hirschkuh mit Kitz gesehen. Das ist doch was. Für den Fall, dass wir irgendwann Lust auf einen Elch haben sollten kaufen wir uns einen Aufkleber. Jedenfalls schauen wir ab jetzt wieder auf Vögel, Rehe, Hirsche und Natur. Wenn uns jetzt ein Elch im Weg stehen wird werden wir ihn kalt ignorieren.
Wir haben euch jedenfalls ausreichend gewarnt: Falls irgendjemand nach Norwegen fahren will um Elche zu sehen möge er das gerne auf eigene Gefahr machen.

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Die Diashow dieser Reiseetappen:

Svensby – Tromsø, hart im Wind

Svensby – Tromsø, hart im Wind

Den Ruhetag in Svensby haben wir ausgiebig genutzt, um im Blog zu schreiben, Wäsche zu waschen und die Beine hochzulegen. Genaugenommen können wir hier auch nicht viel mehr machen: Svensby hat keine Einkaufsmöglichkeit, keine Tankstelle wo wir unsere Lebensmittelvorräte hätten auffüllen können…. nur wenn die Bar am Campinplatz abends eine viertel Stunde für uns öffnet (um unsere Platzmiete zu kassieren) können wir ein/zwei Dosen Bier für den Abend kaufen -zum stolzen Preis von 70 Kronen (7,50€ !!!) pro Dose. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Der Wetterbericht für unseren nächsten Reisetag sieht nicht wirklich gut für uns aus, der angesagte Wind mit 30km/h und Böen bis über 50km/h wird uns für die ersten 30 Kilometer genau ins Gesicht blasen, dazu sollen ein paar Liter Wasser aus den Wolken fallen. So sind wir fast überrascht, als wir gegen 6 Uhr im Zelt aufwachen, Sonnenlicht sehen und keinerlei Wind am Zelt rascheln hören. Allerdings bleibt das ein kurzes Vergnügen, denn der nächste Regenschauer kündigt sich mit tiefem Rauschen an und das Zelt wird klatschnass und durchgeschüttelt, lange bevor wir es aus dem Schlafsack schaffen. Heute ist Nationalfeiertag in Norwegen und die Fähre Svensby – Breivikeidet fährt nur drei Mal, so dass wir keine Wahl haben und gar nicht auf gutes Wetter warten können. Wir nutzen die nächste Regenpause um zum ersten Mal in unserem Abenteuer unser Zelt nass einzupacken und stehen um 11:00 pünktlich an der Fähre.

Fähre fahren ist etwas tolles in Norwegen: Nachdem das Pino auf dem Autodeck mit Rokstraps festgezurrt ist kann man zwei Stockwerke höher in ein Cafe sitzen und drei gefühlte norwegische Nationalgerichte haben: Hotdogs, Waffeln mit Käse und Kaffee gibt es anscheinend in JEDEM Kiosk und in jeder Tankstelle.

So gönnen wir uns die kleine Henkersmahlzeit auf dem Schiff bevor wir in Breivikeidet das Pino gegen den Wind vom Schiff schieben und uns in den Kampf mit dem Wind und dem angesagten Niederschlag werfen. Eigentlich gibt es für uns ja keinen Grund, deswegen zu jammern, wir hatten -genau genommen- bis heute geniales Glück mit dem Wetter und konnten sogar am Nordkapp bei 13°C und schönstem Sonnenschein schwitzen. Ist eben heute kleiner Zahltag und wir dürfen auch mal an anderem Wetter schnuppern. Unsere Reise wäre ja kein Abenteuer wenn man nur im T-Shirt bei lauem Rückenwind den Berg runter rollen dürfte!

Inzwischen haben wir gelernt, dass es in Nordnorwegen eigentlich keine ebenen oder flachen Straßenabschnitte gibt. Die vermeintlich flachen Abschnitte an den Fjorden entlang sind in Wirklichkeit lange wellige Abschnitte, in denen sich Hügel mit 20-50 Höhenmetern und 4-7% Steigung aneinander reihen. So wechseln wir die Gänge im Kilometerrythmus zwischen dem höchsten Gang bergab in den kleinsten Gang bergauf. Obwohl: Heute zwingt uns der Wind bergab trotz kleinem Gang in die Pedale, damit wir bergauf wieder im Kleinsten kämpfen können. Dass die hintere Bremse zu schleifen beginnt und -zumindest vermeintlich- zusätzliche Kraft einfordert zehrt zusätzlich an den Nerven: eine schlecht eingestellte Schaltung oder ein Quitschen oder Schleifen am Rad gehört zu den Dingen, die Udo Hintensitzer in Minutenfrist jede Laune komplett versauen können und drohen sich im Extremfall zur Ehekrise auszuweiten. Also machen wir auf halber Strecke eine Werkstattpause, laden unser Gepäck ab um die Bremse zu prüfen und -zum Glück- wieder besser eingestellt zu bekommen.

So erreichen wir nach knapp 3 Stunden Gegenwind, etwas Graupelschauer und deutlich weniger Regen als vorhergesagt den Knickpunkt unserer Tagesetappe und dürfen ab jetzt mit Rückenwind nach Tromsø rollen. Super: Wir verbringen die heutige Nacht wieder bei Bjørn und Hilde, wo wir schon unsere erste Nacht auf dem Hinweg zum Nordkapp übernachten durften. Many thanks again to you and your family: We did quite enjoy your kind hospitality and our stay in your house!!!

Weiter mit „Sonne, Schnee, Regen und karibische Buchten“

… leider fällt die Bildergalerie für diesen Reisetag kurz aus, sorry: An den Radetappen, bei denen dicke Handschuhe zum Basisequipment gehören ist die Lust, anzuhalten und Fotos zu machen eben deutlich reduziert. Außerdem will ja Keiner Fotos von Wäldern oder Fahrrädern im Regendunst sehen 🙂

 

Nordkapp – Olderfjord… und Zwangspausen

Nordkapp – Olderfjord… und Zwangspausen

Seit unserer Zeltübernachtung am Nordkapp sind inzwischen ein paar Tage vergangen. Zeit, das zusammenzufassen und ein paar neue Fotos zu posten. Aber von Anfang an:

Zelt am Nordkapp

Der Morgen am Nordkapp beginnt, wie der Abend aufgehört hat…. genaugenommen war es dazwischen ja auch gar nicht dunkel. Es ist strahlendes Wetter, wir haben kaum Wind und kochen unseren Frühstückskaffee vor dem Zelt. Dank Webcam am Nordkapp können uns unsere Familien mit einem 15-minütig aktualisierten Standbild beim Frühstücken zuschauen. Später tauschen wir noch Videoszenen von zu Hause und vom Nordkapp per Skype aus. Tolle Technik, und gibt uns beiden das gute Gefühl, dass daheim alles ok ist und wir dort nicht gebraucht werden.

Toll an diesem Trip ist, dass wir Zeit haben, und so genießen wir den Kaffee in aller Ruhe, bauen das Zelt ganz gemütlich ab und schreiben noch unsere Postkarten im Nordkapp-Besucherzentrum bevor wir kurz vor 12:00 endlich wieder auf dem Weg sind. Die Höhenmeter nach Honningsvag kennen wir ja inzwischen und wir bemühen uns, unsere Kräfte für die Schiebeetappen einzuteilen.

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Die Nacht verbringen wir dann in der Jugendherberge Honningsvag und genießen…. die warme Dusche und das saubere Bett.

Per Hurtigruten geht es eine Etappe zurück nach Havoysund, es ist wieder die Kong Harald, die uns im Morgennebel um 6:15 abholt und uns zwei Stunden später wiederum im Morgennebel in Havoysund ausspuckt.

Kong Harald im Nebel

Im Nebel wirkt Havoysund heute wie ein verschlafenes Fischerdörfchen an einem kleinen Fjord. Vermutlich wacht es an Wintertagen zwei bis drei Mal täglich auf, wenn sich ein Hurtigrutenschiff per Signalhorn anmeldet. Im Sommer dürften sich allerdings sehr viel mehr Touristen einfinden, denn Hayoysund liegt am Ende einer ausgezeichneten Landschaftsroute und beherbert auf dem nördlichsten Teil der Landzunge das Arctic View Cafe, das einen phantastischen Blick auf das Nordmeer bieten soll. Eigentlich hatten wir uns die 5 Kilometer zu diesem Cafe fest vorgenommen, aber nachdem wir auf der Nordkappinsel gesehen haben, wie matschig frisch freigetaute Feldwege aussehen und das Cafe ohnehin noch im Winterschlaf ist, ändern wir unseren Plan und fahren direkt in Richtung Süden los.

Nur 5 Kilometer nach Havoysund verlässt uns der Nebel und zeigt uns, warum diese Straße eine der schönsten in Nordnorwegen, gerade auch in dieser Jahreszeit, sein muss: Die Landschaft gibt hier von Schneefeldern, gerade freitauenden Seen, Bergbächen, Wiesen bis hin zu schroffen Felsen wirklich alles her. Ziemlich regelmäßig müssen wir anhalten um zu schauen, Fotos zu machen… und das Wasser direkt aus den Schmelzwasserbächen zu trinken. Es ist bestimmt eine Einbildung, dass dieses Wasser wirklich genial frisch schmeckt. Vielleicht ist es aber einfach die beeindruckende Umgebung, die den Geschmack mit steuert.

Der Rastplatz Selvika an der Havoysund Landschaftsroute

Unser Rastplatz für die Mittagspause ist Selvika, wo sich der norwegische Sinn für Architektur zeigt. Es gibt in Norwegen einige schöne Bauten an Rastplätzen, die sich besonders in die Landschaft einfügen sollen. Hier in Selvika ist das auf jeden Fall gelungen. Eine kleine Rentierherde leistet uns beim Mittagessen in wenigen Metern Entfernung Gesellschaft. Am liebsten würden wir hier übernachten, aber dafür ist es nach grade mal 20 Kilometern doch noch zu früh. Also rollen wir weiter und suchen uns erst gegen Abend einen Platz für unser Zelt abseits der Straße.

Auch weil es windig wird, verbringen wir den Abend nach dem Essen im Zelt, packen die Gitarre aus und singen ein bisschen. Gut dass das so weit in der Wildnis war, das erste Mal seit Jahren eine Gitarre auszupacken hätte andere Ohren ziemlich leicht beleidigen können. So haben wir schlimmstenfalls Rentiere und Elche verjagt.

Der nächste Morgen dasselbe Spiel wie immer: wir bummeln ziemlich lange beim Aufstehen und Frühstücken, so dass es gegen 11:00 geht als wir das Pino gepackt haben und zurück zur Straße schieben. Ready to go!

Tina Vornesitzer will vor dem Losfahren noch mit ihren Mitarbeitern telefonieren, die Zeit nutze ich, um die Schaltung des Pino nachzustellen. Zumindest, es zu versuchen. Ich verstelle am Schaltzug der Schaltung, hebe das Hinterrad des vollbepackten Pino mit der rechten Hand an um -gebückt- mit der linken Hand gleichzeitig das Pedal eine Umdrehung zu drehen. Ziemlich kurzsichtige Aktion, findet mein Rücken: Ich bekomme das Pedal zwar gedreht, allerdings klemme ich mir zeitgleich einen Nerv in Wirbelnähe ein. Von außen betrachtet vielleicht lustig, wie ich in den nächsten Sekunden versuche, wieder aufrecht zu stehen… beim Gedanken, dass wir 150 Kilometer vom nächsten Krankenhaus weg sind und dass mein Rücken so wohl weder Zelt aufbauen noch darin schlafen möchte hält unsere Freude trotzdem in Grenzen.

Was bleibt uns übrig? Zum Glück ist der Straßenabschnitt abschüssig, so dass wir es schaffen, vorsichtig loszurollen. Trotzdem bereiten wir uns schonmal drauf vor: Wenn wir so anhalten müssen haben wir gute Chancen umzufallen wie ein Sack Reis, wenn ein Berg zu steil zum Hochradeln wird haben wir keine Chance, das Pino hochzuschieben. Mit viel Glück kann ich so vielleicht eine Straße hochgehen, schieben müsste Tina Hintensitzer aber ganz alleine. So radeln wir für die nächsten 20km mit halber Kraft weiter bevor wir -an einem abschüssigen Stück- das erste Mal vorsichtig anhalten. So lange ich sanft trete und die Rückenneigung nicht verändere geht’s eigentlich ganz ok. Leider können wir auf der nach wie vor schönen Strecke jetzt keine Fotostopps mehr einlegen und radeln durch bis Olderfjord, wo wir auf dem Campingplatz eine Hütte für die nächsten drei Übernachtungen buchen um dem Rücken Zeit zur Regeneration zu geben. Aber immerhin haben wir hier gutes WLAN und können die zweitägige Zwangspause nutzen um emails, facebook und diesen Blog auf aktuellen Stand zu bringen.

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Die Bilder aus diesen Tagen (anklicken für Diashow):

DNF – Did-not-finish auf der Triathlon Langdistanz

Gestern war’s also soweit: Nach inzwischen 6 erfolgreichen Langdistanz-Triathlons durfte ich zum ersten mal am Did-Not-Finish schnuppern und habe nur einen Biathlon (Schwimmen, Radeln und direkt in die Endverpflegung) absolviert. Das Tri im Triathlon wird vollkommen überbewertet. Aber von Anfang an.

Seit 2008 habe ich mich jedes Jahr konzentriert auf einen Langdistanz Triathlon vorbereitet… Bestzeit mal ganz knapp über 11 Stunden, aber auch mal einen Triathlon, den ich nur mit einer langen Wanderung in die Abendsonne „erfolgreich“ bis ins Ziel retten konnte.

Dieses Jahr war die Vorbereitung eigentlich ziemlich positiv verlaufen: Ausreichend Trainingskilometer trotz viel Arbeit in der Firma, 8 Monate von November bis Anfang Juli verletzungsfrei geblieben und in jeder Disziplin vom Tempo her ganz zufrieden. Trotzdem hat’s nicht sollen sein.

IMG_20150711_132617Das Wochenende beim Challenge Roth -bester Triathlon der Welt- hatte prima angefangen, wir waren bereits am Donnerstag abend mit unserem Wohnmobil auf der großzügigen Triacamperwiese eingetroffen. Freitag Startunterlagen abholen, Samstag ganz entspannt Rad eingecheckt, mit meinen Eltern und Tina Vornesitzer traditionell DSCN3818Abendessen gewesen, ein Gute-Nacht-Bier mit Tina am Kanal getrunken. Weniger gut: Nicht wirklich geschlafen in der Nacht zum Sonntag. Aber die ist eh immer schon kurz vor 5 Uhr zuende, da macht das nicht wirklich was aus.

Die Stimmung am Kanal war DSCN3831genial… aber wer schon einmal am Triawochenende in Roth war kennt das eh schon. Aber meine Nerven spielten da schon ein bisschen Klavier…. im positiven Sinn, mental ist es schon ein Hammer, mit 2500 anderen Sportlern in der Wechselzone zu stehen und auf den Start zu warten. Nein: ihm entgegenzufiebern.

Schwimmen ging super, die auf 200 Mann reduzierte Startgruppe macht spürbar mehr Platz im Startfeld. Ich starte aus der ersten Reihe, versuche auf den ersten Metern recht weit vorne zu bleiben und schwimme die restliche Strecke immer 1,5m parallel zum Kanalufer. Jede Menge Platz und für mich der große Vorteil, dass ich Blindfisch mich nicht auf die Navigation konzentrieren muss sondern nur auf den Abstand zum Ufer. Eine Stunde und sechs Minuten auf der Schwimmstrecke bringen mich ins erste Viertel der Schwimmzeiten, sehr passabel 🙂

Radfahren geht auch ganz gut los. Zwar komme ich auf der ersten Radrunde nur auf einen 30er Schnitt und weiß damit schon, dass meine Bestzeit nicht mehr in Reichweite sein wird. Aber egal: Ich habe Spaß auf der Strecke, darf drei/vier Mal meinen persönlichen Groupies zuwinken und darf den legendären Solarer Berg zweimal hochradeln. Wer das noch nicht gesehen hat und sich nicht vorstellen kann, dass ein erwachsener Mann nur wegen ein paar tausend Zuschauern und einer Wahnsinns-Stimmung mit Gänsehaut und heulend den Berg hochradelt sollte mal in Youtube nach dieser Perspektive aus Radfahrersicht googlen.

Aber wir waren ja eigentlich beim Did-Not-Finish? Das begann eigentlich schon am Anfang der zweiten Radrunde. Nach ~90-100km hatten wir etwas mehr Gegenwind und ich merkte, dass meine Rückenmuskulatur auf Hüfthöhe mit der tiefen Aeroposition heute nicht wirklich Freund werden wollte. Eigentlich dachte ich, dass sich das -als Eisenmann- doch einfach wegdrücken lassen müsste. Klare Beschlussfassung: Weiterfahren wie bisher und Rücken ignorieren. Half aber nix… die Rückenschmerzen hatten ihren eigenen Willen und wurden nach dem zweiten Anstieg am Kalvarienberg in Greding so heftig, dass ich in Aeroposition gar nicht und auch in normaler Sitzposition nur mit heftigen Schmerzen fahren konnte. Einzige (schmerzfreie) Möglichkeit war dann in den Pedalen stehend zu fahren, was sich im Gegenwind aber nur als mäßig praktikable Lösung darstellte. Kilometer 150 treffe ich meine Groupies wieder, heule ihnen was vor, dass ich wohl aufgeben würde, tretle im Minimalkraftmodus noch bis Roth zur zweiten Wechselzone.

UND.

GEBE.

AUF.

Klar: aus gesundheitlichen Gründen war das bestimmt das Beste, für echtes sportliches Laufen auf 42 Kilometer fühlte ich mich auch konditionell nicht mehr fit. Trotzdem bereue ich das Ganze schon eine knappe Stunde später. Mein Körper sagt mir, dass er sich jetzt ganz prima fühlt. Dass der Rücken schon fast nicht mehr klemmt. Und dass überhaupt dieses Mal die Beine gar nicht weh tun. (Klar… die durften ja auch nicht laufen, Körperdepp).

Egal: Montags ohne Finishermedallie, ohne FinisherShirt heimgefahren. Und gleich wieder krank genug um im Internet nachzuschauen, wo ich dieses Jahr noch einen Startplatz für eine Langdistanz bekommen könnte. Hatte ich nicht vor zwei Wochen noch erzählt, dass das vielleicht meine letzte Langdistanz werden könnte weil ich keine Lust mehr auf das ausufernde Training hätte?

Podersdorf? Austria Triathlon? … Wo liegt eigentlich Podersdorf 🙂